Mistelbekämpfung

Die Pflege und der Erhalt der heimischen Streuobstwiesen als artenreiche und ökologisch wertvolle Kulturlandschaft ist eine der Hauptaufgaben des Landschaftspflegeverbands Miltenberg. Das neue LPV-Team hat schnell erkannt, dass die Streuobstwiesen des Landkreises einer großen Bedrohung ausgesetzt sind: Die Laubholzmistel breitet sich zusehends - in einigen Gebieten nahezu explosionsartig - aus. Sie saugt Wasser und Nährstoffe aus den Wirtsbäumen, die meist ohnehin schon durch Überalterung, mangelnde Pflege und den Klimawandel geschwächt sind. Durch die ungebremste Verbreitung der Mistel sterben viele wertvolle Altbäume letztendlich ab.

Der LPV hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Mistelbefall zu stoppen und wertvolle Streuobstgebiete zu retten. Neben gezielten Schnittmaßnahmen soll vor allem die Öffentlichkeit für das Problem sensibilisiert werden, z. B. durch kostenlose Mistelschnittkurse. Weitere Aktivitäten des LPV, wie z.B. Neuanpflanzungen, Wiederherstellung von verwilderten Streuobstbeständen usw., runden das Maßnahmenpaket ab und sollen letztendlich die Streuobstwiesen im Landkreis langfristig erhalten.

Unsere Informationsbroschüre, die auch in gedruckter Form erhältlich ist, fasst Wissenswertes rund um die Mistel zusammen.

Nachfolgend sind detaillierte Informationen über die Laubholzmistel sowie über unser Projekt und die Bekämpfungsmaßnahmen nachzulesen.

 

  

Die Biologie der Mistel

Die Weißbeerige Mistel (Viscum album) gehört zur Familie der Sandelholzgewächse. In Europa gibt es drei Unterarten. Am meisten davon verbreitet ist die Laubholzmistel.

Die Mistel ist ein Halbschmarotzer, d. h. sie betreibt selbst Photosynthese, bezieht aber ihre Nährstoffe von anderen Pflanzen. Dabei bohrt sie sog. Saugwurzeln bis in das Xylem des Wirtsbaumes und entzieht diesem so Wasser und die darin gelösten Nährsalze.

Die Mistel ist zweihäusig, d. h. es gibt männliche und weibliche Pflanzen. Sie blüht im Februar und wird von Insekten bestäubt. Die Beeren reifen bis zum späten Herbst und dienen dann vielen Vögeln als wichtige Nahrungsquelle bis in den Winter.

Über die Vögel erfolgt auch die Verbreitung des Samens. Die Beeren bestehen aus einer zäh-klebrige Masse, die zum einen den Vögeln am Schnabel kleben bleibt und diese dann versuchen, die Beeren an einem Ast abzustreifen. Zum anderen erfolgt die Verbreitung über die Verdauung der Vögel. Selbst nach dem Ausscheiden bleibt der Samen von einer klebrigen Schicht umgeben, die oft an Ästen hängen bleibt.

Hat sich der Samen an einem Wirtsbaum festgesetzt, erfolgt die Auskeimung und die oben beschriebene Bildung der Saugwurzeln. Misteln wachsen sehr langsam und brauchen etwa fünf Jahre, bis sie das erste Mal blühen.

Ein weiterer Verbreitungsweg konnte an stark befallenen Bäumen beobachtet werden. Oft sitzt an der Spitze des Wirtsbaumes eine weibliche Mistel, die im Winter Beeren trägt. Die Sprossglieder sind leicht brüchig, so dass diese sich durch das Gewicht der reifen Beeren oft lösen und nach unten fallen. Nicht selten bleiben sie dabei weiter unten im Geäst hängen und können sich dort festsetzen.

Die Laubholzmistel kann bis zu 70 Jahre alt werden und bildet ihre kugelige Form bis zu einem Durchmesser von etwa einem Meter aus. Sie ist immergrün, d. h. sie ist auch im Winter aktiv und saugt Wasser aus ihren Wirtspflanzen, die sich eigentlich zu dieser Zeit in der Winterruhe befinden.

Historie und Mythologie

Die Mistel wurde schon im Altertum als Heilmittel sehr geschätzt und verehrt. Viele kennen die Geschichten von Asterix, die einen wahren Kern haben. Die Mistel wurde vom Druiden Miraculix bei Vollmond mit einer goldenen Sichel von einer Eiche geschnitten und landete im Zaubertrank. Bei den Kelten wurde die Mistel als heilige Pflanze verehrt. Der Sonnengott Baldur soll mit einem Pfeil aus Mistelholz ermordet worden sein.

Über die Jahrhunderte hinweg wurde die Heilkraft der Mistel sehr geschätzt, z. B. bei Fallsucht und Schwindelanfällen. Sebastian Kneipp verwendete sie zur Verbesserung des Blutflusses. Auch heute noch wird sie als Heilpflanze genutzt, z. B. bei Bluthochdruck, Arthrose und auch in der Krebstherapie.

So ist es nicht verwunderlich, dass die Mistel in der Mythologie ihren festen Platz hat. Weihnachtsbräuche, wie das Küssen unter dem Mistelstrauch oder das Aufhängen eines Mistelzweigs über der Eingangstür zur Abwehr von bösen Geistern, gibt es auch in unserer Zeit noch.  

Bedrohung für unsere Streuobstwiesen

Noch vor wenigen Jahrzehnten galt die Mistel als harmlos. Doch damals waren die Obstbaumbestände noch viel jünger und robuster, außerdem auch besser gepflegt. Im Lauf der Zeit nahm das Interesse der Bevölkerung an den Streuobstwiesen mehr und mehr ab, die Pflege wurde vernachlässigt und die Mistel konnte sich ungehindert verbreiten. Der Klimawandel mit seinen  zunehmenden Trocken- und Hitzeperioden machte den Obstbäumen zusätzlich zu schaffen, die Mistel hingegen scheint mit den Bedingungen bestens zurecht zu kommen. Hat sich die Mistel einmal in einem Gebiet etabliert, breitet sie sich bei günstigen Bedingungen schnell aus.

Ein ausgewachsener und gesunder Baum kann wenige Misteln verkraften. Doch die Auswirkungen des Klimawandels, zunehmende Hitze und lange Dürreperioden, schwächen die Bäume. Weitere Krankheiten wie der Schwarze Rindenbrand, der wohl ebenfalls vom Klimawandel profitiert, kommen hinzu. Man sagt, dass zehn Misteln einen Baum umbringen können. Beobachtungen haben dies in etwa bestätigt.  

Bei den Obstgehölzen sind Apfelbäume am stärksten betroffen. Selten findet man die Mistel an Kirschen und Zwetschgen. An Birnen scheint die Miste überhaupt keinen Gefallen zu finden.

Situation im Landkreis Miltenberg

Der Landschaftspflegeverband Miltenberg hat Anfang des Jahres 2023 ein Projekt gestartet mit dem Ziel, einen Überblick über die Befallsintensität im Landkreis zu bekommen. Zunächst wurde in den meisten Gemarkungen eine sog. Transekt-Kartierung durchgeführt, bei der beispielhafte Streuobstgebiete erfasst wurden. Zum jetzigen Zeitpunkt (Frühjahr 2023) sind die Kartierergebnisse noch nicht im Detail ausgewertet. Man kann aber jetzt schon sagen, dass die Situation in einigen Teilen des Landkreises besorgniserregend ist. In manchen Teilgebieten beträgt die Befallsquote 80 % und mehr, viele Bäume sind bereits abgestorben.

Im Laufe des Projekts soll noch näher untersucht werden, welche Faktoren ggfs. eine Rolle bei der Verbreitung der Mistel spielen. Interessant dabei ist vor allem der Pflegezustand der Streuobstgebiete, aber auch geografische und klimatische Bedingungen haben möglicherweise Einfluss auf die Befallsintensität. 

Bei ungepflegten Streuobstbeständen stellt sich die Frage nach den Gründen:

    • Mangelndes Interesse der Grundstückseigentümer
    • Sind möglicherweise viele Grundstückseigentümer nicht ortsansässig?
    • Schlechte Lage/Anfahrbarkeit des Gebietes
    • Gibt es lokale Streuobstinitiativen oder einen OGV im Ort?
    • Wie groß ist das Interesse der Landwirtschaft am Erhalt der Streuobstwiesen (wie attraktiv ist die Agrarförderung)?
    • usw. 

Der detaillierten Analyse der Ergebnisse sollen schließlich konkrete Maßnahmen folgen, um die Streuobstwiesen des Landkreises, oder wenigstens einen großen Teil davon, zu retten.

Maßnahmen zur Bekämpfung

Ziel der Maßnahmen muss zum einen sein, dass befallene Bäume von dem Halbschmarotzer befreit werden und so wieder an Vitalität gewinnen, gesundes Holz und Früchte gebildet werden können. Zum anderen muss die Verbreitung innerhalb von bestimmten Gebieten gestoppt werden.

Hat sich die Mistel an einem Fruchtast festgesetzt, so ist dieser mit einem fachgerechten Schnitt (am übergeordneten Ast auf Astkragen oder ableitend auf einen gesunden Ast) zu entfernen. Dabei ist zu beachten, dass die Mistel je nach Alter bis zu 60 cm in den Ast wurzelt, dieser Teil muss mit entfernt werden.

Befindet sich die Mistel am Stamm oder an einem Leitast, so soll sie abgebrochen oder abgeschnitten werden. Dabei sollen keine zu großen Wunden entstehen (ggfs. mit Lehm oder Preicobakt bestreichen). In diesem Fall bleibt die Wurzel der Mistel im Baum und treibt wieder aus. Deswegen muss im Abstand von 1-2 Jahren die Prozedur wiederholt werden. So kann sich der Baum erholen und die weitere Verbreitung der Mistel ist vorerst gestoppt.

Generell ist eine regelmäßige Pflege der Streuobstbestände wichtig für eine nachhaltige Mistelbekämpfung. Auch eine jährliche Baumkontrolle sollte durchgeführt werden. So kann ein Befall frühzeitig erkannt und Gegenmaßnahmen ergriffen werden.

Wichtig ist auch, dass andere Laubbäume wie z. B. Pappeln in der näheren Umgebung von Misteln befreit werden. Vögel, die die Mistel mit den Beeren verbreiten, fliegen in der Regel im Umkreis von wenigen hundert Metern, nur vereinzelt tragen sie den Samen mehrere Kilometer weit.

Abgeschnittene Misteln ohne Beeren können liegen bleiben und werden gerne von Wildtieren gefressen. Die Beeren sollten wegen ihrer Klebrigkeit nicht an Tiere verfüttert werden, da sie oft unangenehm am Maul und an den Zähnen kleben bleiben. Auch wenn vertrocknete Beeren, die am Boden liegen, nicht mehr von Vögeln verbreitet werden, sollten sie möglichst mit dem Schnittgut entsorgt werden.

Die Mistel steht übrigens nicht unter Naturschutz!

Hintergrundinfos Glücksspirale

Hintergrundinformation: Maßnahmen der GlücksSpirale
Seit 1999 stellt die Lotterie "GlücksSpirale" dem Bayerischen Naturschutzfonds Erlöse zur Verfügung, mit denen zahlreiche kleinere Maßnahmen und Projekte gefördert werden können. Die Maßnahmen müssen innerhalb eines Jahres abgeschlossen werden. Diese "Kleinmaßnahmen aus Zweckerträgen der GlücksSpirale" sind mittlerweile ein unverzichtbares Instrument der Naturschutzarbeit in Bayern geworden.

Der Landschaftspflegeverband Miltenberg hat für das Jahr 2023 ein GlücksSpirale-Projekt beantragt und genehmigt bekommen. Unter dem Titel "Machbarkeitsstudie zur Mistelbekämpfung im Landkreis Miltenberg" soll zunächst die Befallssituation im Landkreis detailliert erfasst werden. Daraus sollen nach Möglichkeit Maßnahmen zur Bekämpfung der Laubholzmistel in den Streuobstbeständen abgeleitet werden. Gleichzeitig soll in der Öffentlichkeit auf das Problem des starken Mistelbefalls aufmerksam gemacht werden. Dazu wurde zum einen eine Info-Broschüre gedruckt, die z. B. in den Rathäusern des Landkreises ausliegt. Zum anderen werden kostenlose Mistelschnittkurse angeboten, die vor allem die Streuobstbesitzer direkt ansprechen und zu entsprechenden Maßnahmen anleiten sollen. Die Ergebnisse der Studie werden voraussichtlich im Frühjahr 2024 veröffentlicht. 

    

    

Gefördert über den Bayerischen Naturschutzfonds aus Zweckerträgen der GlücksSpirale.

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